Kuhtreiben
Diese Geschichte erlebte ich vor zig Jahren einmal. X ist dabei natürlich auch noch die Person,
in die ich tierisch verschossen war - was alles irgendwie noch dramatischer machte. Ich erzählte diese Geschichte so in
untenstehender Form einer guten Freundin, die sich daraufhin gar nicht mehr einkriegen konnte. Ich hab das nie verstanden. Zumal es für mich
eigentlich einfach nur eine ganz banale Geschichte aus meinem ganz banalen Leben war. Und dafür hatte sich sonst niemand
dermaßen interessiert, dass er sich nur noch kaputtlachen konnte. Und so lustig fande ich das auch alles gar nicht.
Nunja, heute finde ich sie allerdings auch lustig ... :-)
Das ganze hatte mit seinen Kühen zu tun. Eigentlich hab ich für Kühe wirklich nicht gerade viel übrig, aber er hat diese Scottish Highlands. Denen könnte ich stundenlang zusehen ...
X wollte jetzt seine Kühe umweiden. Das scheint eines seiner Hobbies zu sein, aber ich fand es auch immer recht lustig. Diesmal war ein größeres Treiben angesetzt. Die Jungmädels von Weide A sollten auf Weide F. X sperrte dafür den Landwirtschaftsweg ab, öffnete die Weide und rief seine Kühe. Eine Schubkarre mit Möhren diente als weiteres Lockmittel und die Jungmädels versammelten sich auch alle erfolgreich auf Weide B. Weiter gings dann mit der Schubkarre voraus vorbei an Weide C (wo der Rest der Herde stand und großes Begrüßungsmuhen angesagt war) über Weide D. Von hier ab übernahm ich dann die Schubkarre und die Mädels hinter mir her. Weiter über Weide E; die Mädels immer noch alle schön hinter mir her und schließlich auf Weide F. Hier wäre ich mit den geliehenen Gummistiefeln dann fast im Matsch steckengeblieben, aber Gott sei Dank war X ja noch drüben auf Weide D und bekam davon nichts mit. Nun, Weide F war mit saftigem Gras und Kräutern bewachsen und die Mädels interessierten sich nicht mehr die Bohne für meine Schubkarre mit den Möhren. Und ich war ziemlich außer Atem, weil X mir auch immer zugerufen hatte, ich solle schneller laufen. Warum auch immer. Vielleicht damit die Mädels nicht die Möhren kriegen ...?
Schließlich kam X endlich auch zu uns, war zufrieden mit der Arbeit und ich sollte mitsamt Schubkarre und Möhren wieder zurücklaufen auf Weide B. Dabei blieb ich natürlich nochmals in dem jetzt noch tieferen Matsch stecken. Dieser Matsch war immer zwischen den Gattern und nachdem die Mädels da alle einmal durchgelaufen waren wurde der natürlich immer tiefer und cremiger. Fast bekam ich die Stiefel nicht mehr aus dem Matsch (wollte ich den einen befreien, saugte der andere sich regelrecht im Matsch fest) und die Schubkarre sollte ja auch noch mit. Aber ich gab mir Mühe und hoffte, daß X nichts von meinem heimlichen Kampf mitbekam. Schließlich hatte ich es geschafft und lief schonmal Richtung Weide B.
X holte mich auf dem Weg dorthin ein, war ganz zufrieden bis dahin und meinte, wir wären ein gutes Team und man hätte das ganze doch mal filmen sollen. Diese Meinung sollte sich aber in der nächsten Zeit drastisch verändern.
Jetzt sollte noch die große Herde von Weide C auf Weide A geführt werden. Warum weiß ich allerdings nicht. X wies mich an, die Möhren auf Weide A entsprechend zu verteilen. Da die Jungmädels ja nicht viel gefressen hatten, hatte ich auch noch die Schubkarre fast voll. Ich warf sie also überall auf Weide A herum. Ich glaube, ich hatte sie so recht gut verteilt.
Nachdem ich damit fertig war, war ich mir allerdings etwas unklar darüber, was ich jetzt tun sollte. Auf Weide A zu bleiben, wäre vielleicht nicht so gut gewesen. Also schob ich die Karre schonmal auf dem Weg und mich selber stellte ich wohl an den denkbar ungünstigsten Platz dazu. X hatte derweil Weide C geöffnet und die Herde rannte Richtung Weide A - auf dem Landwirtschaftsweg dazwischen stand ich.
Den erwachsenden Kühen störte das wohl nicht, aber die Kälber haben damit wohl schon eher ein Problem. Außerdem gab es wohl das Problem, daß vor allem die jungen Kälber Angst haben, den Landwirtschaftsweg zu überqueren. Ich muß noch dazu sagen, daß X seine Weiden ausschließlich mit Hochspannungs-Weidezaun einzäunt. Meistens zweireihig. Im Gegensatz zu Stacheldraht, läßt er sich allerdings nicht so gut erkennen. Die Kälber hatten also jetzt drei Hindernisse zu überwinden: Das Ende der Weide, was normalerweise durch den Weidezaun abgegrenzt ist; den Landwirtschaftsweg, mit dem anderen Untergrund - und mich, wie ich da so stand ...
X rief mir zu, ich sollte dort verschwinden, auf die andere Seite vom Zaun. Nur ich hatte das gleiche Problem mit dem Zaun, wie die Kälber - tierischen Respekt. Zwischen den beiden Drähten war zu wenig Platz. Und drüber? Ich bin nunmal nicht so groß und wollte auch nicht mit dem Zaun im Schritt hängenbleiben. X bedrängte mich und rief, ich solle mich nicht so anstellen, ich hätte doch Gummistiefel an. Also drückte ich den Zaun mit den Stiefeln etwas herunter. Aber diese Technik bringt nur dann etwas, wenn du den Zaun ganz runtertreten kannst. Das tat ich dann auch vorsichtig - *knack* sagte es und der blöde Pfosten war gebrochen (er machte allerdings auch schon einen recht morschen Eindruck).
Jetzt konnte ich mich also auf die andere Seite hinstellen und den Pfosten festhalten. Das Resultat war, daß drei Kälber auf Weide B zurückblieben. X war total sauer und blaffte mich nur noch an. Wir versuchten dann noch, die drei rüberzutreiben. Eins ging dann auch, aber die beiden anderen wollten partout nicht den Weg überqueren.
Schließlich versuchte X dann die ganze Herde wieder zurück auf Weide B zutreiben und dann im zweiten Anlauf die Kälber mit rüberzuziehen. Ich glaube Scottish Highlands sind sehr verspielte Rinder, aber mittlerweile wußten sie wohl auch nichts mehr mit der Situation anzufangen. Mal hierhin, mal dahin. Irgendwie war nachher alles Chaos. X wurde immer saurer. Ich fand die ganze Situation auch nicht besonders toll. Trotzdem mußte ich mir die Situation immer von oben betrachtet vorstellen. Ich mußte mich tierisch zusammenreißen um nicht loszulachen. Das Ende der ganzen Aktion war dann ein einsames Kalb auf einer Weide.
X gab den Weg wieder frei und meinte ziemlich wütend, ich solle jetzt bitte gehen. Ich fand die Situation mit dem einem Kalb alleine auf der Weide ziemlich scheiße und gut ging es mir damit mit Sicherheit nicht. Ich weiß noch nicht einmal, wie schlimm diese Situation für das Kalb tatsächlich sein kann.
Ich hätte X gern gefragt, ob er sie noch am gleichen Tag hinbiegen konnte, aber ich mochte ihn auch nicht mehr darauf ansprechen. Ich hatte das Gefühl, es wäre besser, jetzt die Klappe zu halten. Naja, und vielleicht ist X auch noch nachtragend ...
Ich schätze, nach den ganzen Vorkommnissen hat er ziemlich die Schnauze voll von mir.
Geschrieben unter den Namen Shemena